Eine der möglichen Vorgehensweisen bei der Vermutung eines Behandlungsfehlers ist die Durchführung eines sog. Schlichtungsverfahrens. Hierbei handelt es sich um ein Verfahren welches auf Antrag bei Schlichtungsstellen der jeweiligen Ärztekammern geführt werden kann.
Zu beachten ist hierbei, dass das Verfahren:
- rein schriftlich ist, d.h. es werden weder Beteiligte noch Zeugen gehört
- freiwillig ist, d.h. alle Beteiligten (also auch der betroffene Arzt und sofern seine Haftpflichtversicherung beteiligt ist auch diese) müssen dem Verfahren zustimmen
- es entstehen für den Patienten keine Gerichts- oder Sachverständigenkosten
- es endet „lediglich“ mit einer Stellungnahme darüber ob ein Behandlungsfehler vorlag
- es wird ein medizinisches Gutachten erstellt, welches für den Patienten ebenfalls keine Kosten auslöst
- da weder Zeugen noch Beteiligte angehört werden, eignet sich das Schlichtungsverfahren nur bedingt, wenn der „Kernvorwurf“ eine mangelhafte Aufklärung ist – denn der Inhalt des Aufklärungsgesprächs ist mit dem BGH durch Anhörung zu ermitteln. Allerdings können im Rahmen des Schlichtungsverfahrens durchaus für die Aufklärungsrüge nützliche Feststellungen getroffen werden. Durch den Gutachter können die Risiken und Chancen der Behandlung, echte Alternativen hierzu und die Folgen der Behandlung ermittelt werden. Dies ist orginäre Sachverständigenaufgabe.
- Es endet „lediglich“ mit einer Empfehlung der Schlichtungsstelle im Hinblick auf eine Regulierung, dh anders als bei einem gerichtlichen Urteil wird keine rechtsverbindliche Entscheidung getroffen. Auch werden zu der Höhe der Ansprüche des Patienten keine Aussagen getroffen. Daher müssen im Anschluss an ein Schlichtungsverfahren grundsätzlich noch weitere Verhandlungen mit der Behandlerseite / der zuständigen Haftpflichtversicherung geführt werden, um eine Regulierung zu erreichen. Ein positives Gutachten und entsprechende Empfehlung der Schlichtungsstelle erleichtern die Gespräche zwar durchaus, dennoch können diese auch fruchtlos verlaufen – zB dann, wenn die Gegenseite sich nicht der Einschätzung der Schlichtungsstelle anschließt oder nur unangemessen geringe Regulierungssummen anbietet.
- Bei vielen Schlichtungsstellen wird das Verfahren rein digital geführt; dies dient, so die Schlichtungsstellen, einer effektiveren Bearbeitung und hat damit einen schnelleren Abschluss des Verfahrens zu Ziel. Allerdings führt dies mittelbar dazu, dass manchen Menschen die Möglichkeit zur Führung eines Schlichtungsverfahren verwehrt bleibt – nämlich dann, wenn kein Zugang zu digitalen Medien besteht. Wir sehen zwar durchaus die Vorteile einer rein digitalen Bearbeitung, stehen dieser indes aus vorgenannten Gründen auch kritisch gegenüber
- es hemmt für die Dauer des Verfahrens den Ablauf der Verjährungsfrist
In Abwägung des „Für und Wider“ bietet ein Schlichtungsverfahren grundsätzlich durchaus eine v.a. aus Kostengründen sinnvolle Chance einer außergerichtlichen Streitbeilegung – zumal in dessen Rahmen ein für den Patienten kostenfreies medizinisches Gutachten erstellt wird. Ein solches kann trotz Scheitern der außergerichtlichen Verhandlungen mit der Gegenseite in ein anschließendes Gerichtsverfahren eingebracht werden, was eindeutig vorteilhaft ist.
Gerne beraten wir Sie darüber, ob in Ihrem konkreten Fall die Anrufung der Schlichtungsstelle sinnvoll ist und vertreten Ihre Interessen im Rahmen des Schlichtungsverfahrens.