Skip to content

Fehlende Indizwirkung einer Dokumentationssoftware

22.09.2022

Behandlungsdokumentation

- BGH, Urteil vom 27.04.2021, Az VI ZR 84/19 -

Der Behandlungsdokumentation in Papierform kommt grundsätzlich der Anspruch auf Vollständigkeit und Richtigkeit zu. Der BGH hat nunmehr klargestellt, dass dies bei einer elektronischen Dokumentation nur der Fall ist, wenn neben der vorgenommenen Änderung der ursprüngliche Inhalt erkennbar bleibt und das Datum der Änderung sichtbar ist.

Ziel der entsprechenden Regelung in § 630 f Abs. 1 Satz 2 und 3 BGH ist, eine fälschungssichere Organisation der Dokumentation sicherzustellen.

Für die Praxis heißt das: Eine elektronische Dokumentation, die nachträgliche Änderungen nicht erkennbar macht, hat keine positive Indizwirkung dahingehend, dass die dokumentierten Maßnahmen durch den Behandelnden tatsächlich getroffen worden sind. Einer solchen Dokumentation fehlt es an der für die Annahme einer Indizwirkung erforderlichen Überzeugungskraft und Zuverlässigkeit.

Wichtig ist noch zu wissen, dass es für die Annahme einer mangelnden Indizwirkung nicht erforderlich ist, dass der Patient greifbare Anhaltspunkte dafür darlegt, dass die Dokumentation nachträglich geändert worden ist. Denn der Patient steht insofern außerhalb des maßgeblichen Geschehensablaufs, weshalb er regelmäßig nicht in der Lage sein wird, Anhaltspunkte für eine nachträgliche Änderung der Dokumentation vorzubringen.

Als Fazit bleibt:
Die Dokumentation bleibt dann zwar bei der Beweiswürdigung des Gerichts nicht vollständig unberücksichtigt, aber sie muss einer kritischen Würdigung unterzogen werden.

Für die Patientenseite empfiehlt es sich daher, jedenfalls dann die fehlende Vollständigkeit der EDV-Dokumentation zu rügen, wenn man sich an eine als durchgeführt notierte Untersuchung nicht mehr erinnert, also eine unterlassene Befunderhebung im Raum steht.