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Tragischer Tod der Tochter
– das bisher höchste Hinter­bliebenen­geld für Eltern

08.07.2022

Fahrradunfall

Urteil des Landgerichts Leipzig vom 08.11.2019, Az.: 5 O 758/19

Das Gesetz regelt in § 844 Abs. 3 BGB das sog. Hinterbliebenengeld.

Sofern eine einem nahestehende Person durch einen Dritten getötet wird, besteht für den Hinterbliebenen ein Anspruch auf einen Ersatz seines immateriellen Schadens und zwar in der Form eines Schmerzensgeldes, nämlich des Hinterbliebenengeldes.

Der Hinter dieser Regelung stehende Gedanke liegt auf der Hand: Das seelische Leid der Anghörigen einer getöteten Person mag man sich nicht vorstellen – egal ob der Schädiger absichtlich handelte oder nicht. Hierfür soll das Hinterbliebenengeld einen Ausgleich schaffen.

In der Gesetzesbegründung zu dieser, für medizinrechtliche Maßstäbe noch recht „jungen“ Norm, wird eine Obergrenze für das Hinterbliebenengeld genannt und zwar in Höhe von 10.000 EUR.

Daher lag bisher das Höchstmaß des Hinterbliebenengelds bei um die 10.000 EUR.

Das Landgericht Leipzig sah das als nicht genug an und sprach in seinem Urteil den Eltern einer getöteten Jugendlichen jeweils 15.000,- EUR Hinterbliebenengeld zu.

Dem Urteil lag folgendes Geschehen zu Grunde
Im Jahr 2018 verunglückte die gerade einmal 16-jährige Tochter der Kläger. Ein LKW-Fahrer übersah sie, zog nach rechts, obwohl dies nicht erlaubt war und überrollte die Jugendliche. Als die Retter eintrafen, war sie noch bei Bewusstsein. Alle Rettungsversuche waren vergebens. Zwei Stunden nach dem Unfall starb sie.

Das Gericht urteilte, dass diese dramatischen Umstände ein höheres Hinterbliebenengeld als 10.000,- EUR rechtfertigten. Jedes Elternteil erhielt 15.000 EUR zugesprochen.

Zur Begründung wurden die Schmerzen der Jugendlichen und ihre Stellung im Leben der Eltern angeführt. So war die getötete Minderjährige noch einige Zeit bei Bewusstsein und registrierte folglich die Schmerzen. Dieser Umstand war und ist den Eltern selbst schmerzlich bewusst. Darüber hinaus war sie ein Wunschkind und zentraler Bezugspunkt für das aus Kasachstan eingewanderte Elternpaar, auch in Bezug auf das soziale Umfeld und den Kontakt.

Hinzu tritt ein Schmerzensgeldanspruch der getöten Tochter, wie es in allen Fällen der körperlichen Schädigung rechtlich begründet ist.

Als Erben der Tochter – auch Ansprüche auf Schmerzensgeld gehören zum Erbe – steht der Schmerzensgeldanspruch der Verstorbenen den Eltern in voller Höhe zu. Eine Kürzung wegen des Hinterbliebenengelds wäre nicht sinnvoll, da es bei den in Rede stehenden Ansprüchen um, solche vollkommen unterschiedlicher Stoßrichtung handelt. Bei der Bemessung des Schmerzensgelds kommt es abermals auf die Umstände an. Insbesondere sind dabei die Art und die Schwere der Verletzungen zu berücksichtigen und jedenfalls in diesem Fall, der Zeitraum zwischen Verletzung und Todeseintritt. Das Landgericht berücksichtigte deshalb, dass die Tochter jedenfalls kurzzeitig bei vollem Bewusstsein unter dem LKW eingequetscht war. Außerdem floß in die Schmerzensgeldbemessung ein, dass sie nachdem sie zwischenzeitlich reanimiert wurde und das Bewusstsein verlor, in ihrer Persönlichkeit verändert war und diese zerstört wurde, was auch unabhängig des Leids durch ein Schmerzensgeld auszugleichen ist.